Einer der wichtigsten Feiertage in Japan ist das Neujahrsfest (お正月, oshōgatsu). Anders als in Deutschland ist die Neujahrszeit in Japan ein Familienfest und umfasst einige traditionelle Bräuche, wie Schreinbesuche und Neujahrskarten. Auch japanisches Neujahrsessen folgt einer langen Tradition und ist bis heute wichtiger Bestandteil der Festtage.
Ursprung
Der japanische Begriff osechi ryōri (お節料理) für das Neujahrsessen stammt von dem Wort osechi, was Jahreszeit oder eine bestimmte Zeitperiode bedeutet.
Die Tradition des Neujahrsessens in Japan geht zurück bis in die Heian-Zeit (794-1185), als Teil der Bräuche am kaiserlichen Hof. Das Neujahrsfest war eins der fünf jahreszeitlichen Feste (節句) zu dieser Zeit, welche den Übergang der Jahreszeiten feiern – daher der Begriff osechi. Spezielle Speisen wurden einerseits an Götter als Gaben dargeboten, und andererseits auch von Mitgliedern der höfischen Gesellschaft gegessen.
Mit der Zeit verbreitete sich dieser Brauch auch in den niederen Schichten, so dass er in der Edo-Zeit (1603-1868) in der gesamten Bevölkerung vertreten war. Außerdem war man der Überzeugung, dass an den ersten Tagen des Jahres weder gearbeitet noch gekocht werden sollte. Denn zum einen wollte man die Götter mit dem Lärm des Kochens nicht belästigen, und zum anderen waren die Neujahrstage eine Zeit zum Ausruhen, weswegen alle eine wohlverdiente Pause einlegen sollten – insbesondere die Frauen, die sich üblicherweise um den Haushalt gekümmert und gekocht haben.
Ursprünglich bestand Osechi-Ryōri nur aus Gemüse, das in Sojasauce und Zucker oder mirin 味醂 (einem süßen Reiswein, der zum Kochen verwendet wird) gekocht wurde. Mit der Zeit entwickelte sich die Vielfalt von Osechi-Ryōri.
Heutzutage umfasst Osechi im Grunde alles, was für das neue Jahr gemacht wird – sei es frittierte Lebensmittel, handgemachte Gerichte oder Speisen zum Mitnehmen. Heutzutage wird japanisches Neujahrsessen zwar teilweise noch immer traditionell Zuhause hergestellt, aber wer nur wenig Zeit hat, kann einfach in Supermärkten oder Convenience Stores fertige, in hübschen Bentō-Boxen verpackte Neujahrsgerichte kaufen.
Ein besonders wichtiger Teil von Osechi-Ryōri ist ein Gericht namens toshi-koshi soba (年越し蕎麦), eine besondere Art von Soba-Nudeln, die an Silvester gegessen wird. Die Nudeln sind üblicherweise ungeschnitten und daher sehr lang, was ein ebenso langes Leben mit viel Glück symbolisieren soll. Wenn du dich am 31. Dezember zufällig in einem japanischen Haushalt befinden solltest und diese köstlichen Soba-Nudeln schlürfen darfst, denk daran: Auch nur eine einzige Soba-Nudel nicht zu essen, wird als Zeichen für Pech gesehen!
Gerichte und ihre Bedeutung
Aber woraus besteht denn nun so ein traditionelles, japanisches Neujahrsessen?
Bis auf regionale Unterschiede, was die Würzung angeht, sind die grundlegenden Komponenten weitestgehend gleich und haben jeweils eine bestimmte Bedeutung, wie zum Beispiel Gesundheit oder Wohlstand.
Ein paar Beispiele für ein typisches Neujahrsessen kannst du in der folgenden Liste nachlesen.
Kuromame (黒豆)
Weiche und süße schwarze Bohnen, die Gesundheit und harte Arbeit repräsentieren.
Kazunoko (数の子)
Heringsrogen, welcher aufgrund der zahllosen Eier die Bedeutung einer künftig großen Anzahl an Kindern hat. Die Taro Wurzeln Satoimo (里芋) haben die gleiche Bedeutung.
Tazukuri (田作り)
Das sind in Sojasoße gekochte Sardinen, die eine reiche Ernte repräsentieren, da früher Sardinen als Düngemittel für die Reisfelder benutzt wurden.
Datemaki (伊達巻)
Ein gerolltes Omelette mit Fischpaste, dessen Aussehen einer Schriftrolle ähnelt und deshalb mit Lernen und Bildung assoziiert wird.
Kurikinton (栗きんとん)
Das sind Teigtaschen aus Süßkartoffel und Kastanie. Wegen ihrer gelb-goldenen Farbe stehen sie für finanziellen Wohlstand und Reichtum.
Konbumaki (昆布巻き)
Der Name dieses in Seetang eingewickelten Herings ist ein Wortspiel auf das Verb 喜ぶ (yorokobu), was „sich freuen“ bedeutet. Wer dieses Gericht verspeist, soll dementsprechend im folgenden Jahr mit lauter freudigen Ereignissen gesegnet sein.
Kōhaku namasu (紅白なます)
Das ist ein Salat, bestehend aus eingelegten Karotten und Rettich. Hier findet sich das für Neujahr typische Rot-Weiß Farbschema wieder, was auch auf der japanischen Flagge vertreten ist. Die Farbe Rot soll Böses vertreiben und die Farbe Weiß steht für Reinheit.
Kōhaku kamaboko (紅白蒲鉾)
Ein aus Fisch hergestelltes Gericht, das ebenfalls in den Farben Rot und Weiß ist und demnach die gleiche Bedeutung hat, wie das oben genannte namasu.
Ebi (海老)
Die Kanji für das Wort Schrimp bedeuten wörtlich „Meer“ und „Alte Person“, als Anlehnung an das Aussehen der Tiere, was mit ein wenig Fantasie dem eines alten Mannes ähnelt. Daher soll dieses Gericht Langlebigkeit bringen.
Renkon (レンコン)
Die Lotuswurzel steht wegen ihrer großen Löcher für eine vorhersehbare Zukunft ohne Hindernisse.
Neujahr in Japan
Das japanische Neujahr ist von großer Bedeutung. Es geht nicht nur um gutes japanisches Neujahrsessen, sondern auch darum, dass geliebte Menschen in die Häuser zurückzukehren, in denen sie aufgewachsen sind. Die Japaner sehen ihre Eltern und Großeltern wieder und begrüßen das neue Jahr auf eine gezielte, spirituelle Art und Weise.
Während in westlichen Kulturen vor allem die Weihnachtszeit mit der Familie verbracht wird, haben in Japan die Neujahrsferien eine familiäre und introspektive Bedeutung.
Abgesehen vom Schreinbesuch und dem traditionellen Neujahrsessen in Japan sind auch handgeschriebene Postkarten an Familienmitglieder und Freunde eine weitverbreitete Tradition. Viele Japaner verbringen Stunden damit, Namen und Adressen von Hand zu schreiben (oder sie zumindest so auszudrucken, als wären sie handgeschrieben!), als Zeichen der Erinnerung an die Menschen in ihrem Leben. Kinder erhalten außerdem otoshidama お年玉 (kleine rote Geldumschläge) von den Älteren.
Hier kannst du noch mehr über die Traditionen zum japanischen Neujahrsfest erfahren.
Und jetzt wo du weißt, woraus ein traditionelles japanisches Neujahrsessen besteht und welche Bedeutungen die einzelnen Gerichte haben, wird es Zeit sie auch zu probieren! Und wer weiß, vielleicht bringt dir dann das nächste Jahr jede Menge Reichtum, Fleiß und Weisheit.
Sowieso ist die Neujahrszeit in Japan besonders interessant, da sich die Bräuche sehr von den deutschen Partys unterscheiden. Ein Aufenthalt in Japan im Winter ist daher sehr zu empfehlen!
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