Sama, san, kun, chan: Die japanische Anrede einfach erklärt

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Wer Anime oder Manga Fan ist, hat bestimmt schon öfter gehört, wie Charaktere nach ihrem Namen mit -san, -kun, oder -chan angeredet wurden. Diese Wörter sind Endungen für die japanische Anrede, ähnlich wie “Herr” oder “Frau” im Deutschen – allerdings ist das System etwas komplizierter.

Es gibt keine klaren Regelungen, wie diese angewandt werden. Stattdessen kommt es hierbei auf eine Mischung aus Höflichkeit und dem Verhältnis der Gesprächspartner an. Da in Japan viel Wert auf Höflichkeit gelegt wird, kann es nicht schaden, sich mit dem Thema vertraut zu machen.

Lies weiter und erfahre mehr über die Grundlagen der japanischen Anrede!

San さん

Die wahrscheinlich erste japanische Anrede, die man lernt und womöglich auch die wichtigste. Egal welches Alter, welcher Status oder welches Geschlecht – wenn man den Gesprächspartner kaum oder gar nicht kennt, liegt man mit dieser Endung nie wirklich falsch. Sie entspricht mehr oder weniger dem Deutschen “Herr” und “Frau”, ist allerdings geschlechtsneutral und kann auch als Suffix an Tätigkeiten oder Geschäfte angehängt werden. So kann man zum Beispiel einen Ladenmitarbeiter als 本屋さん (honyasan) bezeichnen, was dann sowas wie “Buchladenmitarbeiter” heißt.

Kun くん

Diese Endung wirkt eher maskulin und wird im Wesentlichen für Jungs und junge Männer verwendet, meist wenn eine höher stehende Person mit jemand jüngeres redet. Der Grad an Höflichkeit ist also eher niedriger, was auch durch das zugehörige Kanji 君 deutlich wird, welches auch für die informelle Anrede kimi (“du”) gebraucht wird. Für Mädchen wird es eher seltener genutzt, aber Mädchen nutzen es häufig bei Jungs im ähnlichen Alter.

Chan ちゃん

Eine informelle und die am wenigsten höfliche Endung der japanischen Anrede. Vermutlich wurde sie von der Aussprache kleiner Kinder abgeleitet, die san noch nicht richtig sagen können. Die Endung klingt also besonders süß und wird für Kinder, Babys, junge Mädchen und auch Haustiere genutzt. Sie drückt eine enge Freundschaft oder ein hohes Maß an Zuneigung für die andere Person aus, sei also lieber vorsichtig bei der Anwendung.

Sama さま

Die Verwendung des Wortes -sama ist am formellsten und sehr speziell. Diese höhere Version von -san wird in sehr spezifischen Situationen gegenüber Personen mit hohem Status verwendet, z. B. bei Kunden in der Kundendienstbranche, aber häufiger noch, wenn es um japanische Gottheiten 神様 (kami-sama) geht. Diese japanische Ehrung vermittelt ein Gefühl sozialer Überlegenheit, nach dem Motto „Der Kunde ist König“, und Kunden werden daher auch meist als お客様 (okyakusama) bezeichnet.

Das Deutsche Äquivalent wäre etwas in der Richtung wie „geehrte Dame/geehrter Herr“. Manchmal wird diese Ehrung an ein Wort angehängt, das sich auf eine Gruppe von Menschen oder ein Publikum bezieht, wie im Fall von 皆様 (mina-sama; alle), was der Gruppe eine zusätzliche Ebene der Höflichkeit verleiht. Schließlich findet man diese Endung auch in japanischen Ausdrücken, wie dem berühmten お疲れ様です (otsukaresama desu), das verwendet wird, um jemandem für seine harte Arbeit zu danken.

Andere

Neben diesen wichtigsten vier Endungen gibt es noch viele weitere. Häufig verwendet werden zum Beispiel Titel für Geschäftsleute, wie buchou (部長), kachou (課長), shachou (社長) oder tenchou (店長), welche einen bestimmten Rang in einer Firma ausdrücken. Und zu guter Letzt, auch oft in Anime oder Manga dabei und meist im schulischen Kontext verwendet, sind senpai (先輩) für ältere und kouhai (後輩) für jüngere Personen sowie sensei (先生) für Lehrer oder Ärzte.

Die richtige Anwendung

Wenn du bereits mit der japanischen Kultur vertraut bist, weißt du sicherlich, dass Menschen selten den Vornamen einer anderen Person verwenden. Daher sind japanische Anreden meist an Nachnamen angehängt. Es kann sehr unhöflich sein, jemanden einfach beim Nachnamen zu nennen, ohne entsprechende Anrede.

Manchmal werden Anreden aber aus bestimmten Gründen an den Vornamen der Person angehängt, z. B. wenn zwei Personen sich besonders nahe stehen oder bei Menschen aus westlichen Ländern, welche sich seltener mit Nachnamen anreden. Japaner versuchen oftmals hierauf Rücksicht zu nehmen und verwenden dann ebenfalls den Vornamen.

Das Wort „respektvoll“ ist hier entscheidend: Es ist der Schlüssel zum Verständnis dieses komplexen Kommunikationssystems. Hierarchie ist in Japan ein wichtiges Thema; sie basiert auf Kriterien wie Alter oder sozialer Status. Je nach Art deiner Anstellung oder deiner Position im Unternehmen kannst du im Vergleich zu einer anderen Person in einer überlegenen, unterlegenen oder neutralen Position stehen.

All diese Faktoren spiegeln sich in der Art und Weise wider, wie jemand spricht, wodurch eine mehr oder weniger formale Sprache entsteht. Die formellere Sprache heißt keigo, worüber du hier mehr lesen kannst.

Japanische Anreden hängen nicht nur von der Person ab, sondern auch von anderen Faktoren wie dem Grad des Vertrauens, dem Hintergrund der Person, ihrer Ausbildung oder sogar dem Geschlecht. Auch als Ausländer ist es wichtig, diese Regeln zu respektieren, um sich in diesem Land willkommen zu fühlen.

Wann du keine japanischen Anreden nutzen solltest

Du solltest keine höfliche Anrede benutzen, wenn:

  • du über dich selber redest;
  • wenn dein Gesprächspartner dich darum bittet, sie nicht zu nutzen (呼び捨てyobisute, bedeutet wörtlich übersetzt “anreden” und “wegwerfen”);
  • wenn du mit jemanden aus deinem engsten Kreis (内 uchi) redest, also Eltern, Großeltern, etc.; oder
  • wenn du mit jemanden außerhalb deines engsten Kreises (外 soto) über eine Person aus deinem uchi redest, zum Beispiel wenn dein Gesprächspartner dein Chef ist und du von deinem besten Freund erzählst, brauchst du beim Namen des Freundes keine formelle Endung hinzuzufügen.

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Und das waren sie auch schon, die Grundlagen der japanischen Anrede. Zu Beginn mag es etwas verwirrend und kompliziert wirken, aber mit ein bisschen Übung gewöhnt man sich schnell dran. Und wenn du dir unsicher bist, welche Endung tatsächlich die beste wäre, zögere nicht einfach nachzufragen. Das wird dir keiner übel nehmen – im Gegenteil, man wird dir sicherlich gerne weiterhelfen.

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